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Papst Benedikt XVI.: Der konservative Glaubenswächter

Papst Benedikt XVI. (Quelle: Bild von Francesco Nigro auf Pixabay)

Als die schwere Glocke am Petersdom die Ära eines neuen Papstes einläutete, gab es in Rom kein Halten mehr. Aus allen Richtungen laufen die Menschen in Richtung Petersplatz, jubeln, schwenken Fahnen und blicken gespannt auf die Loggia mit dem tiefroten Samtvorhang. Als der chilenische Kardinal Jorge Arturo Medina Estévez die Worte "Habemus papam" verkündet, ist die Sensation perfekt: mit Kardinal Joseph Ratzinger wurde im Vatikan erstmals seit 482 Jahren wieder ein Deutscher zum Papst gewählt.

Damit hat Ratzinger eine alte römische Volksweisheit widerlegt: als Favorit gehandelt, kam er als Papst Benedikt XVI. aus dem Konklave heraus. Er war der heiße Tipp beim Papst-Toto und wurde alsbald auch zum Favoriten im Kardinalskollegium. Der oberste Glaubenswächter unter seinem Amtsvorgänger Papst Johannes Paul II. (1978-2005) - als "Panzerkardinal" und Anführer der "Betonfraktion" in der römischen Kurie apostrophiert - ist als Benedikt XVI. nun der 265. Pontifex der römisch-katholischen Kirche.

Quelle: Phoenix auf Youtube

Dabei hat Ratzinger in den vergangenen Jahren immer wieder dementiert, Ambitionen auf das höchste Kirchenamt zu haben. Vielmehr wollte er seine Bibliothek ordnen, vielleicht das ein oder andere Buch schreiben und gelegentlich in Regensburg vorbeizuschauen. Lange Zeit hieß es in Rom: "Ratzinger geht eines Tages mit Johannes Paul II. unter". Es scheint eine Ironie der Geschichte zu sein, dass gerade nach dem Tod des polnischen Papstes nun die große Stunde des Deutschen schlägt. Für Katholiken und Menschen, die der Kirche eher fern stehen, ist Ratzinger die Persönlichkeit, die in den vergangenen Jahren am stärksten polarisierte.

Vom Reformer zum Traditionalisten

Ratzinger wurde am 16. April 1927 im Marktl am Inn als Sohn eines bayerischen Gendarmen geboren. Bereits mit 31 Jahren wurde er habilitiert - seit den sechziger Jahren gilt er als einer der bedeutendsten zeitgenössischen Theologen. Als hochbegabter Dogmatik-Professor lehrte er zunächst an der Theologischen Hochschule in Freising - später in Bonn, Münster, Tübingen und Regensburg. Im Jahr 1962 begleitete Ratzinger den Kölner Kardinal Josef Frings auf das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965). Dort gehörte er zu den Theologen und Geistlichen, die frischen Wind in die Kirche einlassen wollten.

Weltgewandt, reforminteressiert und liberal waren die Eigenschaften, die dem Bayer zugeschrieben wurden. Der Bruch im Leben des neuen Papstes kam mit den Studentenprotesten des Jahres 1968. Was ihn vor allem störte: die "Missachtung grundlegender Werte der Humanität", wie sich Ratzinger einmal äußerte - eine Einschätzung, die ihn vom Reformer zum Fundamentalisten werden ließ. Diese sehr orthodoxe Haltung trieb ihn bis heute an.

"Nach einem großen Papst Johannes Paul II. haben die Herrn Kardinäle mich gewählt, einen einfachen und bescheidenen Arbeiter im Weinberg des Herrn."

Papst Benedikt XVI. (2005-2013) nach seiner Wahl am 19. April 2005

Am 25. März  1977 wurde Ratzinger zum Erzbischof von München und Freising ernannt und nur wenige Wochen später - am 27. Juni 1977 - zum Kardinal erhoben. In der deutschen Bischofskonferenz schwamm der heutige Papst auch gerne mal gegen den Strom des engagierten und etablierten deutschen Katholizismus. Im November 1981 berief ihn Johannes Paul II. aus Deutschland ab und vertraute ihm die Leitung der Glaubenskongregation an. In den folgenden Jahren prägte Ratzinger die Politik des Vatikan maßgeblich mit. Seine Unnachgiebigkeit in vielen Streitfragen machte ihn jedoch bei vielen Katholiken nicht beliebt. 

So stoppte er in den achtziger Jahren die lateinamerikanische Befreiungstheologie mit disziplinarischen Maßnahmen. Er verteidigte das kategorische "Nein" der Kirche zum Priestertum der Frau, die harte Linie gegenüber wiederverheirateten Geschiedenen und die Lehre vom Primat der katholischen Kirche gegenüber anderen Glaubensgemeinschaften. Trotz seiner anfänglichen Offenheit - etwa in Diskussionen mit dem deutschen Philosophen Jürgen Habermas - wurde er schließlich als Reformblockierer, Hardliner und Traditionsbewahrer gesehen. 

Freunde bezeichnen ihn als menschenfreundlich, eloquent und mediengewandt. Bewunderer wie Kritiker würdigen seinen scharfen Intellekt, seine klaren Analysen, seine geschliffene Sprache und seinen weiten theologischen Horizont. In den vergangenen Jahren hat Ratzinger jedoch nicht nur als vatikanischer Amtsträger, sondern auch als Theologe von Weltruf weiter gearbeitet. In seinen Büchern, Interviews und Studien legte er Analysen zum Zustand von Kirche und Gesellschaft vor, die in ihrer Offenheit nicht allen gefiel und wohl auch nicht gefallen wollte. Dabei gilt der neue Pontifex im vertrauten und persönlichen Umgang durchaus gewinnend sowie von menschlicher Liebenswürdigkeit.

Die Positionen des deutschen  Pontifex

Auch wenn der neue Papst Benedikt XVI. gerade in seiner deutschen Heimat auf Widerspruch stieß, wandte er sich noch unmittelbar vor dem Konklave gegen einen Relativismus, der nichts als definitiv anerkenne. Hier ein Überblick über die Positionen des deutschen Papstes:

  • Ökumene: Gleich in seiner ersten Predigt als neuer Papst bekannte sich Ratzinger zu Ökumene und theologischem Dialog. Als vorrangige Aufgabe betrachte er dabei die sichtbare Wiederherstellung der sichtbaren Einheit aller Christen. Als Kardinal setzte er jedoch der ökumenischen Zusammenarbeit klare Grenzen. So lehnte er gemeinsame Abendmahlfeiern mit den evangelischen Christen ab und beharrte auf der Überlegenheit der katholischen Kirche.
  • Islam: Ratzinger setzte sich für einen Dialog mit dem Islam und anderen nichtchristlichen Religionen ein. Den festen Glauben vieler Muslime bezeichnete er als Herausforderung an die Christen, betonte aber gleichzeitig die Wahrung der Identität der katholischen Kirche. Ein Kopftuchverbot lehnte er ebenso ab wie einen EU-Beitritt der Türkei.
  • Ehe und Familie: Die Ehe und Familie sah Ratzinger nicht nur biologisch als Zelle der Gemeinschaftsbildung. Er kritisierte wiederholt die Empfängnisverhütung und lehnte die Wiederheirat von Geschiedenen ab.
  • Abtreibung: Diese sieht Ratzinger als schwere Sünde an. Gesetze, die einen Schwangerschaftsabbruch erlauben, kritisierte er als "Kultur des Todes". Beim Ausstieg der katholischen Kirche aus der deutschen Schwangerschaftsberatung war Ratzinger die treibende Kraft.
  • Frauen und Kirche: Ein Priestertum der Frauen war für Ratzinger nicht mit der katholischen Glaubenslehre vereinbar. Auch eine Aufhebung des Zölibats kam für ihn nie in Frage.
  • Homosexuelle: Eine staatliche Anerkennung homosexueller Beziehungen lehnte Ratzinger als eine Relativierung der Ehe ab. Zudem verstießen homosexuelle Handlungen aus seiner Sicht gegen das Moralgesetz der Natur.
  • Kollegialität: Ratzinger wandte sich zuletzt gegen einen übersteigerten römischen Zentralismus und sprach sich für mehr Mitsprache der Bischöfe und Ortskirchen aus. Trotz des Priestermangels sollen Laien jedoch nicht predigen oder Messfeiern leiten dürfen.
  • Unfehlbarkeit: In Glaubens- und Sittenfragen ist der Papst gemäß des dogmatischen Leitsatzes des Ersten Vatikanischen Konzil von 1870 unfehlbar. An diesem Dogma hält auch Ratzinger fest.
  • Soziales: Ratzinger wandte sich wiederholt gegen eine Materialisierung des menschlichen Lebens und eine "Habsucht-Gesellschaft". Er bekannte sich zur Solidarität mit den Bedürftigen, wandte sich aber gegen eine Politisierung der Religion.
  • Irak: Den Irak-Krieg 2003 kritisierte Ratzinger ebenso wie sein Amtsvorgänger Johannes Paul II. - ein einseitiger Angriff der USA sei nicht zu rechtfertigen. Später mahnte der neue Pontifex an, dass der Irak nicht einer einzigen Macht überlassen werde.
  • Gentechnik: Ratzinger kritisierte die genetische Manipulationen oder das Klonen menschlicher Embryonen als Angriff auf die Menschenwürde. Auch angebliche "gute Zwecke" könnten nicht rechtfertigen, "was nicht zu rechtfertigen ist".

Kritische Reaktionen in Deutschland

Als der Pole Karol Wojtyla im Oktober 1978 zum Papst gewählt wurde, kannte der Jubel in seinem Heimatland keine Grenzen. In Deutschland ist es heute hingegen anders. So löste die Wahl Benedikts XVI. im politischen Berlin durchaus Euphorie aus. Angesichts des ersten deutschen Papstes seit rund 500 Jahren war vom Bundespräsidenten über den Kanzler bis zur Oppositionsspitze von "Stolz" und "Ehre für Deutschland" die Rede. Bei den deutschen Gläubigen mischten sich jedoch spontane Freude über die Wahl Ratzingers und Furcht vor einem allzu strengen Oberhirten.

So warnte die Vizepräsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Annette Schavan, vor einem vorschnellen Urteil über den neuen Papst. Ein radikaler Kurswechsel in den strittigen Fragen wie Frauenpriestertum, Zölibat oder Schwangerenkonfliktberatung erwartet jedoch niemand. Die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) hofft aber auf "innerkirchliche Reformschritte" die dazu beitragen, "manche Erstarrung aufzulösen".

"Eine Vernunft, die dem göttlichen gegenüber taub ist und Religion in den Bereich der Subkulturen abdrängt, ist unfähig zum Dialog der Kulturen."

Papst Benedikt XVI. (2005-2013)

Für den katholischen Theologen und Papstkritiker Hans Küng (1928-2005) war die Wahl Ratzingers zum Papst eine "Riesenenttäuschung" für alle Reformorientierten. Der neue Papst sei "sicherlich die negativste Lösung", meinte Küng. Dennoch wäre es falsch, Benedikt XVI. auf das Negativste festzulegen. Der "Petrusdienst in der Kirche" sei heute eine derartige Herausforderung, "dass er jede Person verändern kann", so der Theologe. Der Paderborner Kirchenkritiker Eugen Drewermann hätte sich einen anderen Papst gewünscht. Dennoch sei er nicht von der Wahl Ratzingers überrascht. "Die Wahl war von langer Hand vorbereitet und spiegelt die Macht des Opus Dei", so Drewermann.

Die Kirchen in Deutschland erwarten, dass der neue Papst bald eigene Akzente in seinem Amt setzen werde. Kardinal Karl Lehmann (1936-2021), früherer Bischof von Mainz (1983-2016) und damaliger Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz (1987-2008), sagte, es werde bald eine "eigene Handschrift" des neuen Kirchenoberhauptes erkennbar. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD), Wolfgang Huber, äußerte die Hoffnung, dass der neue Pontifex die Ökumene weiter vorantreiben werde. Der verstorbene Papst Johannes Paul II. sei auf die evangelische Kirche zugegangen. Nun komme es für die katholische Kirche darauf an, diesen Weg weiter zu gehen.

Quelle: Phoenix auf Youtube

Immerhin ist Deutschland - einst der Ausgangspunkt der Reformation - mittlerweile ebenfalls zum "Missionsland" geworden. Zwar ist die katholische Kirche in Deutschland ebenso reich und etabliert wie die evangelische Kirche, doch beide plagen Sorgen. Von den mehr als 84 Millionen Einwohnern gehören nur noch etwas mehr als 41 Millionen einer der beiden großen deutschen Kirchen an. 

Allein im Jahr 2022 traten vorläufigen Angaben zufolge rund 380.000 Personen aus der Evangelischen Kirche. Aus der Katholischen Kirche traten im gleichen Jahr insgesamt 522.821 Personen aus. Damit stieg die Anzahl der Austritte aus der Katholischen Kirche in Deutschland auf einen neuen Rekordwert. Und von den Kirchenmitgliedern kommen viele nur noch an den großen Feiertagen wie Weihnachten oder Ostern zu den Gottesdiensten - ansonsten höchstens bei Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen oder einschneidenden Ereignissen.

Kurzinfo: Der Papstname "Benedikt"

"Benedictus" heißt auf Latein "der Gepriesene". Der Heilige Benedikt von Nursia (480-547) gilt der katholischen Kirche als "Patron Europas" - sie verehrt ihn auch als "Vater vieler Völker". Er war der Vater des abendländischen Mönchtums - seine Regeln ("Ora et Labora") waren die Basis für alle Mönchsbewegungen in den folgenden Jahrhunderten. Für Ratzinger, der weite Teile seiner Theologie in den Schriften der Kirchenväter begründet, hat Benedikt große Bedeutung.

Der erste Papst mit dem Namen Benedikt I. regierte von 575 bis 579. Namentlich folgte Josef Ratzinger auf Papst Benedikt XV. (1914-1922), der aus einem genuesischen Adelsgeschlecht stammte. Dessen Pontifikat war vor allem durch den Ersten Weltkrieg (1914-1918) überschattet, in dem die Kirche strikte Neutralität bewahrte. Benedikt XV. bemühte sich letztlich vergeblich um den Frieden. Innerkirchlich war besonders die Veröffentlichung eines neuen Rechtsbuches - des "Codex Iuris Canonici" - von Bedeutung.

Bislang haben die Päpste insgesamt 82 unterschiedliche Namen gewählt. Unangefochten an der Spitze steht Johannes - gefolgt von Gregor und Benedikt. Papst Johannes Paul I. war 1978 das erste Kirchenoberhaupt, das einen Doppelname wählte. Mit dieser Entscheidung setzt er sich bewusst in die Tradition seiner Vorgänger Paul VI. (1963-1978) und Johannes XXIII. (1958-1963).

Internationale Reaktionen

Doch auch in anderen Ländern hat die Wahl von Benedikt XVI. Hoffnungen auf Kontinuität im Vatikan, aber auch Skepsis und Kritik ausgelöst. So drückten die Vertreter anderer Religionen die Erwartung aus, dass der neue Papst den Dialog mit ihnen vertiefen wird. So wünscht sich Patriarch Bartholomäus I. von Konstantinopel (Istanbul), Oberhaupt der orthodoxen Kirchen, dass Benedikt XVI. "den Willen zeigen wird, den theologischen Dialog zum Wohl des Christentums zu fördern". Israel sieht in der Wahl Ratzingers eine gute Wahl für die weitere Versöhnung zwischen Christen und Juden. Islamische Politiker und Imame appellierten an den neuen Papst, sich für den Dialog zwischen Christen und Moslems einzusetzen.

Auch der damalige EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso wünschte dem neuen Pontifex ein "langes und glückliches Pontifikat", das es ihm erlaube, für den Dialog zwischen den Religionen und die Verteidigung der Menschenrechte zu wirken. Dennoch war die Wahl Ratzingers in Europa eher geteilt. Während die katholische Kirche und konservative Kreise die Wahl Ratzingers in Spanien und Portugal überschwänglich feierten, äußerten sich das liberale und das linke Lager her skeptisch und teilweise offen negativ. Bei den Polen herrscht die Hoffnung, dass Papst Benedikt XVI. das Werk seines Vorgängers fortsetzen wird.

Für die Türkei hingegen hätte es mit der Wahl Ratzingers jedoch nicht schlimmer kommen können. Er sei die "letzte Wahl" titelte am Mittwoch die pro-europäische Zeitung "Radikal". Für die Türkei ist die Aussage Ratzingers, das Land gehöre nicht zur EU, ein Affront. Er sei einer der Architekten der "privilegierten Partnerschaft" - dem Alternativmodell zu einer EU-Vollmitgliedschaft der Türkei. Ob Ratzinger als Papst aber auch weiterhin aktiv Einspruch gegen eine türkische EU-Bewerbung erheben werde - und ob er damit Erfolg haben könnte - ist jedoch unklar. Immerhin rief der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan seinen Landsleuten ins Gedächtnis, dass der Vatikan nicht an den Entscheidungen der EU beteiligt sei.

In Afrika herrschte überwiegend Freude, auch wenn sich die Hoffnung auf einen schwarzen Papst nicht erfüllt hat. Viele Katholiken dort wünschen sich, dass die Kirche Kondome zumindest im Kampf gegen Aids anerkennt. Auch in Asien sind die Erwartungen hoch. So wünscht man in Indonesien - dem bevölkerungsreichsten islamischen Land der Welt - eine Fortsetzung des Dialogs zwischen den Religionen. Auf den Philippinen - mit rund 70 Millionen Gläubigen das größte katholische Land Asiens - wurde die Wahl begrüßt. China und Hongkong hofften indes auf eine Verbesserung des angespannten Verhältnisses zwischen dem Vatikan und der kommunistischen Regierung in Peking

In Lateinamerika - der größten katholisch dominierten Region der Erde - herrschte Enttäuschung und Skepsis. Die Wahl Ratzingers sei von weiten Teilen der Gesellschaft bedauert worden, schrieb sogar die konservative argentinische Zeitung La Nación. Der bekannteste Vertreter der umstrittenen Befreiungstheologie, Leonardo Boff, sagte, es werde "schwer sein, diesen Papst zu lieben".

Kurzinfo: Deutsche Päpste in der Kirchengeschichte

In der Kirche regierten vor Benedikt XVI. bereits sieben deutsche Päpste. Zumeist blieben sie aber unbedeutend. Der erste deutsche Papst Gregor V. regierte von 996 bis 999. So wurde Papst Clemens II. (1046/47) bereits nach kurzem Pontifikat vergiftet. Sein Grab befindet sich im Bamberger Dom - dem einzigen Papstgrab nördlich der Alpen. Papst Damasus II. (1048) entstammte einem fränkisch-bayerischen Adelsgeschlecht und starb nach nur zwei Wochen an Malaria.

Papst Leo IX. (1049-1054) gilt als bedeutendster deutscher Papst im Mittelalter. Er kämpfte gegen Simonie (Kauf und Verkauf geistiger Ämter) sowie die Laieninvestitur (Geistliche Ämter für Laien). In sein Pontifikat fällt die endgültige Spaltung den lateinischen Westkirchen und den orthodoxen Ostkirchen im Jahr 1054.

Dessen Nachfolger Papst Viktor II. (1055-1057) führte die Kirchenreformen weiter, ebenso auch Papst Stephan IX. (1057-1058). Papst Hadrian VI. (1522/23) stammte aus Utrecht, dass damals noch zum Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation gehörte. Der Sohn eines Zimmermanns ist der letzte Papst, der sich selbst als Deutscher betrachtete. Er war zudem der letzte nicht-italienische Papst bis zur Wahl des Polen Karol Wojtyla am 16. Oktober 1978. 

In einigen Quellen gilt Hadrian VI. auch als einziger niederländischer Papst. Er versuchte vergeblich die Ächtung Martin Luthers durchzusetzen, um die Einheit des Glaubens und damit der Christenheit zu bewahren. Die asketische Lebensweise von Hadrian VI. stieß zudem in der verweltlichten Kurie auf großen Widerstand.

Hektischer Arbeitsbeginn

Mit der Wahl Kardinal Ratzingers zum neuen Papst endet die Zeit der "Sedisvakanz". Er muss nun alles veranlassen, um den Apparat des Kirchenstaates wieder zum Laufen zu bringen. Neben dem sofortigen Einzug in sein neues Domizil im Apostolischen Palast wurde die Amtsübernahme des Papstes symbolisch mit einem Gottesdienst in Rom vollzogen. Jahrhunderte lang war diese Zeremonie auch eine wahre Inthronisation: der Gewählte bestieg den Papstthron und wurde mit der Papstkrone - der "Tiara" - gekrönt. Papst Johannes Paul I. (1978) verzichtete jedoch erstmals seit 1099 auf die Tiara und den bisherigen Tragesessel. Auch sein Nachfolger Johannes Paul II. (1978-2005) verzichtete auf einen Krönungsritus, "der ungerechterweise als das Symbol der weltlichen Macht der Päpste angesehen wurde".

Ansonsten ist der Papst bereits vom Zeitpunkt seiner Wahl an mit den umfassenden Amtsvollmachten ausgestattet. Er ist absolut frei bei der Auswahl seiner Mitarbeiter und der Besetzung der Posten im Kirchenstaat. Meist setzt der neue Papst auf Kontinuität, um die Kardinäle nicht vor den Kopf zu stoßen. Üblicherweise wird zuerst der Kardinalstaatssekretär ernannt. Zudem behält der neue Pontifex einen seiner engsten Mitarbeiter als Privatsekretär in seinen Diensten. 

Papst Benedikt XVI. arbeitete zunächst weiterhin mit der Kurienspitze zusammen, die auch unter seinem Vorgänger Johannes Paul II. im Amt war. So wurde Angelo Sodano (1991-2006) zunächst als Kardinalstaatssekretär bestätigt. Erst am 15. September 2006 wurde er durch seinen Nachfolger Tarcisio Bertone (2006-2013) ersetzt. Die Funktion des vatikanischen "Außenministers" bekleidete weiterhin Giovanni Lajolo. Am 1. Oktober 2011 folgte ihm in dieser Position der Italiener Giuseppe Bertello nach. Die Bestätigung der Kardinäle in ihren Ämtern gelte jedoch "donec aliter provideatur" ("bis auf weiteres"), wie es in einer Erklärung des Vatikan hieß.

"Die größte Verfolgung der Kirche kommt nicht von den äußeren Feinden, sondern erwächst aus der Sünde in der Kirche."

Papst Benedikt XVI. (2005-2013) im Mai 2010 über die Missbrauchsskandal

Die folgenden Jahre gestalteten sich für den Pontifex alles andere als einfach. So gilt die Welle der aufgedeckten Missbrauchsfälle in katholischen Einrichtungen als bislang schwerste Krise seines Pontifikats. Auch der Umgang mit der erzkonservativen Piusbruderschaft mit dem Holocaust-Leugner Richard Williamson wurde von vielen Gläubigen fassungslos aufgenommen. Ebenso prägend scheinen auch seine Reisen zu sein: so besuchte Benedikt XVI. als erster Papst eine Synagoge in Deutschland. Zudem sprach er im Konzentrationslager Auschwitz und der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in der israelischen Hauptstadt Jerusalem.

Rücktritt aus gesundheitlichen Gründen

Am 11. Februar 2013 kündigte Benedikt XVI. überraschend aus gesundheitlichen Gründen seinen Rücktritt vom Amt des Papstes zum 28. Februar 2013 an. Seit Papst Coelestin V. im Jahr 1294 ist es erst der zweite Papstrücktritt aus freiwilligen Gründen in der Geschichte der katholischen Kirche.

"Nachdem ich wiederholt mein Gewissen vor Gott geprüft habe, bin ich zur Gewissheit gelangt, dass meine Kräfte infolge des vorgerückten Alters nicht mehr geeignet sind, um in angemessener Weise den Petrusdienst auszuüben."

Papst Benedikt XVI. (2005-2013) bei seinem Rücktritt am 11. Februar 2005

Am 31. Dezember 2022 starb der emeritierte deutsche Papst im Alter von 95 Jahren im KlosterMater Ecclesiae in der Vatikanstadt. Die Begräbnisfeier am 5. Januar 2023 fand unter Leitung von Papst Franziskus statt, an der etwa 50.000 Menschen teilnahmen. Im Anschluss wurde er in den vatikanischen Grotten im ehemaligen Grab seines Vorgängers - Papst Johannes Paul II. - beigesetzt.

Quelle: Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF) auf Youtube

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