Tod von Arafat: Wendepunkt für Nahost?
Über drei Jahrzehnte hinweg verkörperte Jassir Arafat - wie kein anderer - den Kampf des palästinensischen Volkes für einen unabhängigen Staat. Am 11. November 2004 starb der Friedensnobelpreisträger und Chef der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) im französischen Militärkrankenhaus Percy in Clamart südwestlich von Paris.
Politiker in aller Welt würdigten sein Lebenswerk, äußerten zugleich aber die Hoffnung auf eine Wiederbelebung des Nahost-Friedensprozesses. Mehrere israelische Politiker machten dagegen aus ihrer Erleichterung über den Tod des Palästinenser-Präsidenten keinen Hehl. Hingegen machten die al-Aqsa-Brigaden und die radikalislamische Hamas vielmehr Israel für den Tod Arafats verantwortlich.
Der damalige israelische Ministerpräsident Ariel Scharon (1928-2014) hatte mit Arafat seinen Erzfeind verloren. Für ihn war der Palästinenser-Präsident ein "Mörder", ein "pathologischer Lügner" und ein "Hund". Für Sharon stellen die "jüngsten Ereignisse wahrscheinlich einen historischen Wendepunkt im Nahen Osten dar“. Justizminister Josef Lapid (1931-2008) erklärte gegenüber dem israelischen Rundfunk: "Ich habe ihn gehasst wegen des Todes von Israeli und weil er nicht zugelassen hat, dass der Friedensprozess vorankommt". Zudem habe Arafat den Terrorismus zu einem politischen Instrument gemacht.
Auch Israels Oppositionsführer Schimon Peres (1923-2016) - der mit Arafat für frühere Friedenbemühungen in Nahost den Friedensnobelpreis erhalten hatte - erklärte: "Arafats größter Fehler war es, sich dem Terrorismus zuzuwenden." Der israelische Staatspräsident Mosche Katzav (2000-2007) sagte, nun könne ein "neues Kapitel" beginnen. Wenn die Palästinenser gegen "Terrorismus und Gewalt" vorgingen, könnten wieder Verhandlungen aufgenommen werden.
"Der größte Fehler Arafats war, sich dem Terror zuzuwenden. Seine größten Leistungen vollbrachte er, als er versuchte, Frieden zu schaffen."
Schimon Peres (1923-2016), Staatspräsident von Israel 2000-2007, Ministerpräsident von Israel 1984-1986 und 1995-1996
Die israelische Regierung und die USA hatten Arafat in den letzten Jahren nicht mehr als Gesprächspartner akzeptiert. Sie warfen ihm vor, Gewalt gegen israelische Zivilisten zumindest zu akzeptieren. Der damalige US-Präsident George W. Bush (2001-2009) sah im Tode Arafats daher einen bedeutsamen Augenblick in der Geschichte der Palästinenser. "Wir hoffen, dass die Zukunft Frieden bringt und die Erfüllung der Hoffnungen auf ein unabhängiges und demokratisches Palästina, das im Frieden mit den Nachbarn lebt", sagte Bush. Gleichzeitig forderte er alle Politiker in der Nahost-Region und weltweit auf, zu Fortschritten in der Region beizutragen.
Der britische Premierminister Tony Blair (1997-2007) betonte, es sei das Wichtigste, den Nahost-Friedensprozess neu zu beleben. Arafat sei eine "große Leitfigur des palästinensischen Volkes" gewesen. Auch der französische Staatspräsident Jacques Chirac (1995-2007) erwies dem Toten die letzte Ehre. Sein Land werde auch weiterhin "für die Rechte der palästinensischen und israelischen Völker, für den Frieden und die Sicherheit im Nahen Osten eintreten“. Der russische Präsident Wladimir Putin erklärte, Arafat habe sich "sein ganzes Leben für die gerechte Sache des palästinensischen Volkes eingesetzt". Er habe bis zuletzt für das "Grundrecht der Palästinenser auf einen eigenen, unabhängigen Staat" gekämpft.
Auch Bundeskanzler Gerhard Schröder (1998-2005) sprach den Palästinensern sein Beileid aus und bedauerte, dass Arafat sein Lebenswerk, "die Palästinenser in die Unabhängigkeit zu führen und einen souveränen, lebensfähigen palästinensischen Staat zu errichten", nicht vollenden konnte. Papst Johannes Paul II. (1978-2005) bezeichnete Arafat als einen "Führer von großem Charisma", der sein Volk liebte und es in die nationale Unabhängigkeit führen wollte.
"Arafats politische Linie ist zeitweise problematisch gewesen. Aber seine Bedeutung als Symbol für den Kampf des palästinensischen Volkes um einen eigenen Staat kann kaum überschätzt werden."
Per Stig Møller, Außenminister von Dänemark 2001-2010
In der arabischen Welt wurde Arafats Werk besonders gewürdigt. Dieser sei ein "großartiger Mann" gewesen, der immer die Einheit des palästinensischen Volkes im Blick gehabt habe, sagte der ägyptische Präsident Husni Mubarak (1981-2011). Zudem lobte der tunesische Präsident Zine el-Abidine Ben Ali (1987-2011) lobte den "langen und heldenhaften Kampf Arafats für die legitimen Rechte des palästinensischen Volkes".
Für den Ali Abdullah Salih, Präsident des Jemen (1990-2012), habe "die palästinensische Sache sowie die arabische und die islamische Nation" durch den Tod Arafats "einen ihrer wichtigsten Führer" verloren. Die iranische Regierung würdigte Arafat für seine "herausragende Rolle" im Kampf für die Rechte seines Volkes und gegen Israel gewürdigt.
Nach Ansicht von UNO-Generalsekretär Kofi Annan (1997-2006) sollte Arafats Tod weltweit zu verstärkten Anstrengungen führen, den Palästinensern auf friedliche Weise zu ihrem Recht auf Selbstbestimmung zu verhelfen. Arafat habe vier Jahrzehnte lang die Sehnsucht seines Volkes verkörpert und symbolisiert. Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana (1999-2009 forderte die USA auf, ihre Friedensbemühungen im Nahen Osten nach dem Tode Arafats zu verstärken.
Gleichzeitig forderte er Israel auf, den neuen Palästinenser-Führer als Verhandlungspartner zu akzeptieren. Die EU bildet gemeinsam mit den Russland, den USA und der UNO das sogenannte "Nahost-Quartett", das sich für den Frieden in der Nahost-Region einsetzt. Zudem gehört die EU zu den wichtigsten Geldgebern der Palästinenser. Ohne die millionenschweren EU-Schecks wäre die Palästinenserbehörde wohl längst zusammengebrochen, sagen EU-Diplomaten.
Kurzinformation: Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern Seit Jahrzehnten schwelt nun der Konflikt zwischen den Israelis und Palästinensern um den schmalen Landstreifen zwischen dem Jordan und dem Mittelmeer. So kam es bereits zu mehreren Kriegen zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarn, welche den Konflikt bis heute aber nicht lösen konnten. Als 1948 mit dem Staat Israel die "nationale Heimstätte" der Juden gegründet wurde, überschritten die Armeen von fünf arabischen Ländern die Grenzen, wurden aber zurückgeschlagen. Mindestens 710.000 Palästinenser flohen oder wurden vertrieben ("Nakba"). Bis heute ist das palästinensische Flüchtlingsproblem - neben der israelischen Siedlungspolitik - ein ungelöster Streitpunkt. In Sechstagekrieg von 1967 eroberte die israelische Armee den Sinai, die strategisch wichtigen Golan-Höhen, das Westjordanland und Ost-Jerusalem. Über eine Million Palästinenser gerieten unter israelische Besatzung - Hunderttausende Menschen flohen. Mittlerweile leben rund fünf Millionen registrierte Flüchtlinge und ihre Nachkommen in den Palästinensergebieten sowie in den arabischen Nachbarländern. Während des Jom-Kippur-Krieges konnte Israel jedoch nur mit schweren Verlusten die Angriffe Ägyptens und Syriens abwehren. Die folgenden Jahrzehnte standen vor allem unter dem Eindruck der internationalen Friedensbemühungen im Nahost-Konflikt. Am 26. März 1979 unterzeichneten Israel und Ägypten einen Friedensvertrag. Auch mit Jordanien schloss Israel am 26. Juli 1994 ein Friedensabkommen. Der Oslo-Friedensprozess brachte aber keinen dauerhaften Frieden in der Region. Immerhin wurde im September 2020 ein Friedensvertrag mit Bahrain geschlossen. Zeitgleich schloss Israel auch einen Friedensvertrag mit den Vereinigen Arabischen Emiraten (VAE). Ein Haupthindernis für den Nahost-Friedensprozess ist der Bau der israelischen Siedlungen in den besetzten Palästinensergebieten. Nach Ansicht der internationalen Gemeinschaft verstößt der Siedlungsbau gegen Artikel 49 der 4. Genfer Konvention. Demnach dürfen Besatzungsmächte "Teile ihrer eigenen Zivilbevölkerung nicht in besetzte Gebiete umsiedeln". Israel argumentiert hingegen, seien nicht im ursprünglichen Sinne besetztes Gebiet. Zudem sei Ost-Jerusalem ein Teil der "ewigen und unteilbaren Hauptstadt Israels". Zahlreiche Staaten erkennen die Annektierung jedoch nicht an. Angaben des israelischen Zentralbüros für Statistik lebten im Jahre 2022 rund 451.700 Siedler im Westjordanland. Hinzu kommen etwa 220.000 Israelis in Ost-Jerusalem. Die jüdischen Siedler leben inmitten von etwa 2,5 Millionen Palästinensern. Seit 1967 wurden 213 israelische Siedlungen im Westjordanland errichtet. Hinzu kommen etwa 132 illegale Siedlungen - sogenannte "Außenposten" - , die von der israelischen Regierung nicht genehmigt wurden. Die Friedensorganisation Peace Now kritisiert, dass immer mehr dieser illegalen "Vorposten" nachträglich von der Regierung legalisiert werden. Die Siedlungen selbst sind für Palästinenser tabu - ebenso wie einige für die Siedler bestimmte Straßen. Im Jordan-Tal sind laut UN-Büro für humanitäre Hilfe (OCHA) in den Palästinensergebieten knapp 80 Prozent der Fläche für Palästinenser ebenso tabu. Auch vier von fünf Straßen dürfen sie dort nicht befahren. Laut OCHA seien etwa 200.000 Palästinenser aus 70 Orten aufgrund der israelischen Sperren etwa fünfmal so lange zur nächsten Stadt unterwegs wie ohne Blockaden. Verschärft wird der Konflikt noch durch mittlerweile sehr angespannten Beziehungen zwischen Israel und dem Iran. Seit der Islamischen Revolution 1979 betrachtet die Islamische Republik den jüdischen Staat als "zionistisches Regime" und lehnt das Existenzrecht Israels strikt ab. So unterstützt der Iran radikal-islamische Terrorgruppen wie Hisbollah, Hamas und Islamischer Dschihad in ihrem bewaffneten Kampf gegen Israel. Verschärft werden die Spannungen noch durch das iranische Atomprogramm. Im offiziellen Sprachgebrauch bezeichnet der Iran die Vereinigten Staaten als "großen Satan" und Israel als "kleinen Satan". Zu den USA bestehen ebenfalls seit 1980 keine offiziellen Beziehungen mehr. Weitere Informationen |
Vom Terroristen zum Friedensnobelpreisträger
Palästinenserführer Arafat starb so, wie er Jahrzehnte lang gelebt hatte - im zähen Kampf ums Überleben und im Exil. Dennoch war sein Leben die "palästinensische Sache". Mit ihr sei er verheiratet, sagte Arafat einmal ohne Ironie. Sein größter Traum war die Errichtung eines eigenen Palästinenser-Staates. Über den Anfang des von Mythen umwobenen Lebensweges der "Sphinx von Gaza" liegt jedoch im Dunkeln.
Geboren wurde Rahman Abdel Rauf Arafat al Kudwa al Husseini am 24. August 1929 in der ägyptischen Hauptstadt Kairo. Als seinen Geburtsort nannte er jedoch sowohl Jerusalem - das Symbol des palästinensischen Unabhängigkeitsstrebens und von den Moslems als "Al Kuds" ("Die Heilige") bezeichnet - als auch den Gaza-Streifen.
Seine Mutter Sahwa starb bereits, als er erst vier Jahre alt war. Sein Vater - ein reicher Textilhändler - schickte ihn zunächst zu einem Onkel nach Jerusalem. Den politischen Werdegang begann Arafat nach einem Ingenieurstudium in Kairo als Studentenführer im damals ägyptisch verwalteten Gaza-Streifen. Als ägyptischer Offizier kämpfte er im im Sueskrieg 1956 gegen Frankreich, Großbritannien und Israel.
Nach mehreren Jahren in Kuwait, wo er als Bauingenieur sehr erfolgreich war, kehrte er in den Gaza-Streifen zurück und gründete dort die Fatah, die er fast vier Jahrzehnte lang führen sollte. Im Jahre 1969 wurde er Chef der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO). Trotz heftiger Kontroversen um seine Person und seiner als politisch gemäßigt geltenden Linie wurde Arafat jedoch immer wieder im Amt bestätigt.
Kurzinformation: Palästinenser-Organisationen Fatah und Hama Innerhalb der Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) stellen die Fatah und die Hamas die größten Fraktionen. Ihre wichtigsten Positionen im Überblick:
Der Konflikt zwischen Fatah und Hamas hatte außerdem faktisch zu einer Teilung der Palästinensischen Autonomiegebiete geführt: So kontrolliert die Hamas seit 2007 den Gazastreifen - die Fatah das Westjordanland. Anfang Mai 2011 unterschrieben beide Konfliktparteien ein Versöhnungsabkommen, welches zu einer Annäherung der Palästinenser-Organisationen führte. |
Von Jordanien aus bekämpfte seine Organisation den israelischen Staat mit Terror, bis sich König Hussein (1952-1999) von den palästinensischen Gruppierungen bedroht fühlte. Im "Schwarzen September" 1970 schlugen jordanische Truppen einen Aufstand der Palästinenser nieder. Aus ihrem neuen Unterschlupf in Beirut wurde die PLO-Führung 1982 während des Bürgerkrieges im Libanon (1975-1990) erneut vertrieben. Seine letzte Exilstation fand Arafat in Tunesien, wo er die 34 Jahre jüngere blondierte Sekretärin Suha Tawil heiratete. Allerdings war sie in den Palästinensergebieten immer sehr unbeliebt. Später geriet sie wegen ihres verschwenderischen Lebensstils und der angeblichen Unterschlagung von EU-Hilfsgeldern in die Kritik.
Auf dem Höhepunkt der ersten Intifada (1987-1993) proklamierte Arafat 1988 in Algerien den Unabhängigkeit des "Staates Palästina". Zudem akzeptierte der palästinensische Nationalrat unter seiner Führung die UN-Resolution 242 und erkannte damit das Existenzrecht Israels an. Außerdem schwor Arafat auf Druck der USA öffentlich "allen Formen des Terrorismus" ab. 1991 geriet der PLO-Führer allerdings in die Kritik, als er sich nach der Annexion von Kuwait durch den Irak im August 1990 und während des Zweiten Golfkrieges (1990-1991) hinter den irakischen Präsidenten Saddam Hussein (1979-2003) stellte.
"Der unabhängige Palästinenserstaat - Seite an Seite mit Israel - ist keine Fata Morgana, sondern das natürliche Ergebnis unseres Ringens um Freiheit, Gleichberechtigung und Souveränität."
Jassir Arafat (1929-2004), palästinensischer Politiker und PLO-Vorsitzender (1969-2004), Friedensnobelpreisträger 1994
Israel selbst erklärte sich erst 1993 dazu bereit, mit den PLO-Vertretern direkt zu verhandeln - es folgte die palästinensische Teilautonomie im Gaza-Streifen und in Jericho im Westjordanland. Arafat konnte nun in seine Heimat zurückkehren und wurde drei Jahre später offiziell zum Präsidenten gewählt. Das Friedensabkommen zwischen Israel und der PLO wurde bereits als Ende eines Jahrhundertkonflikts gefeiert - Arafat erhielt dafür im Jahre 1994 zusammen mit dem israelischen Ministerpräsidenten Jitzhak Rabin (1992-1995) und dem israelischen Außenminister Schimon Peres (1992-1995) den Friedensnobelpreis.
Das Scheitern der Friedenskonferenz von Camp David und die zweite Intifada (2000-2005) besiegelten jedoch den politischen Abstieg Arafats. Nach den blutigen Bombenanschlägen von Haifa und Jerusalem 2001 wurde der Palästinenserpräsident an seinem Amtssitz in Ramallah unter Hausarrest gestellt, den Israel erst wenige Tage vor dessen Tod wieder aufhob. Arafats sehnlichster Wunsch, vor seinem Tod in Jerusalem als Hauptstadt eines unabhängigen Palästinas zu beten, blieb zeit seines Lebens ein Traum.
Hintergrund: Die Pläne für einen eigenen Staat der Palästinenser Die zukünftigen Grenzen eines unabhängigen Palästinenserstaates sind bislang noch umstritten. Zwar soll dieses Problem in Verhandlungen gelöst werden, doch gibt es derzeit unterschiedliche Ansätze. In der Balfour-Deklaration vom 2. November 1917 bestätigte Großbritannien das Ziel des ersten Zionistenkongresses von 1897, in Palästina eine "nationale Heimstätte" des jüdischen Volkes zu errichten. Gleichzeitig hatte Sir Henry McMahon, britischer Hochkommissar in Ägypten in der "Hussein-McMahon-Korrespondenz" mit Hussein ibn Ali, dem König des Hedschas und Sherif von Mekka eine Zusage für die Unabhängigkeit einer arabischen Nation gegeben. Nachdem Großbritannien das Völkerbundmandat für Palästina aufgeben zu wollen, beschloss die UNO-Generalversammlung am 29. November 1947 mit einer Zweidrittel-Mehrheit den Teilungsplan für Palästina (UN-Resolution 181) , der durch durch die UNSCOP ausgearbeitet wurde. Demnach sollte der Konflikt zwischen der jüdischen und arabischen Bevölkerung im britischen Mandatsgebiet Palästina durch die Teilung des Gebietes in einen jüdischen und arabischen Staat gelöst werden. Jerusalem sollte mit Bethlehem als "Corpus separatum" unter internationale Kontrolle gestellt werden. Nach der Unabhängigkeitserklärung Israels am 15. Mai 1948 mündeten die gewaltsamen Auseinandersetzungen der jüdischen Zionisten und arabischer Nationalisten im Palästinakrieg (1948-1949). Das Waffenstillstandsabkommen zwischen Israel und den arabischen Staaten beendete zwar vorerst die militärischen Auseinandersetzungen. Der Plan für eine "Zweistaaten-Lösung" wurde aber bis heute nicht umgesetzt. Ein weiterer Vorschlag war die sogenannte "Einstaaten-Lösung" - auch binationale Lösung genannt. Diese sieht vor, dass aus dem jetzigen Staat Israel, dem Westjordanland und dem Gaza-Streifen ein einheitlicher demokratischer und säkularer Staat gebildet werden soll. Alle Bevölkerungsgruppen sollen die gleiche Staatsbürgerschaft mit den gleichen Rechten und Pflichten haben. Bekannte Befürworter dieser Lösung waren Martin Buber (1878-1965), Albert Einstein (1879-1955) oder Hannah Arendt (1906-1975). In der jüdischen Bevölkerung findet sie allerdings nur wenig Anklang - ebenso wenig wie bei den arabischen Nationalisten. Die Palästinenser hingegen wollten auf dem Gebiet des Westjordanlandes, dem Gaza-Streifen und dem arabischen Teil Jerusalems einen eigenen palästinensischen Staat ausrufen. Die Grenzen sollen zudem den Linien vor dem Sechstage-Krieg 1967 entsprechen. Auch US-Präsident Barack Obama (2009-2017) schlug vor, dass die Linien von 1967 als Basis für künftige Grenzen dienen sollen. Über den Status Jerusalems soll erst später verhandelt werden. Faktisch hat sich Israel aus dem Gaza-Streifen jedoch zurückgezogen, kontrolliert aber weiterhin dessen Grenzen. Zudem annektierte Israel im Jahre 1980 den arabischen Ostteil Jerusalems - außerdem kontrolliert Israel derzeit 59 Prozent des Westjordanlandes. Der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert (2006-2009) hingegen schlug vor, dass die Palästinenser 93,2 Prozent des Westjordanlandes zurück erhalten sollten. Weitere 5,5 Prozent Land sollten getauscht, der Rest an eine Landverbindung zum Gaza-Streifen angerechnet werden. Als erster Regierungschef Israels ließ Olmert zudem den Begriff "vereinte Hauptstadt" fallen - ein möglicher Hinweis, dass er arabische Bezirke im Ostteil Jerusalems an die Palästinenser abtreten könnte. Der israelische Verteidigungsminister Scha'ul Mofas (2002-2006) plädierte dafür, dass ein künftiger Staat der Palästinenser etwa 92 Prozent des Westjordanlandes erhalten solle bei gleichzeitigem Landtausch. Allerdings soll Jerusalem weiterhin unter israelischer Kontrolle bleiben. Die Genfer Initiative sieht vor, dass sich Israel weitgehend auf die Grenzen von 1967 zurückzieht, aber Siedlungsblöcke im Westjordanland behalten soll. Zudem sollen die jüdischen Stadtviertel im arabischen Osten Jerusalems unter israelische Hoheit fallen - die arabischen Teile hingegen unter palästinensische Hoheit. Die Genfer Initiative wurde von einigen Ländern und privaten Spendern finanziell unterstützt. Hauptgeldgeber waren die Schweiz, einige andere europäische Staaten und Japan. Offizielle Zahlen zur Finanzierung wurden bislang jedoch nicht veröffentlicht. Die "Dreistaatenlösung" sieht vor, die Kontrolle eines Teils des Westjordanlandes an Jordanien sowie die des Gaza-Streifens an Ägypten zu übertragen. Allerdings werden die Pläne sowohl in Israel als auch in Jordanien und Ägypten eher kritisch gesehen. Das heutige Israel geht auf Theodor Herzl (1860-1904) und seinem 1896 veröffentlichten Buch "Der Judenstaat - Versuch einer modernen Lösung der Judenfrage" zurück. Am 14. Mai 1948 verkündete David Ben-Gurion (1886-1973) in der Unabhängigkeitserklärung "kraft des natürlichen und historischen Rechts des jüdischen Volkes und aufgrund des Beschlusses der UNO-Vollversammlung" die Errichtung des Staates Israel". Der "Staat Palästina" wurde am 15. November 1988 in Algier ausgerufen. Die Gründer beanspruchten das von Israel seit 1967 besetzte Westjordanland und den Gaza-Streifen, mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt. Heute erkennen 138 Staaten den Staat Palästina an. Die PLO hatte seit 1974 als ein "Repräsentant des palästinensischen Volkes" einen völkerrechtlich anerkannten "Beobachterstatus" bei den Vereinten Nationen (UNO). Am 29. November 2012 erhielt die offizielle Vertretung der PLO den Beobachterstatus als Staat Palästina für die Palästinensischen Gebiete bei den Vereinten Nationen. |
Weitere Informationen
- Wikipedia-Portale über Israel und Palästina, den Nahen Osten und Jerusalem
- Wikipedia-Portale über das Judentum und über den Islam